Halbleiterfertigung in Dresden: Eine Nerd-Klassenfahrt in die Chipfabrik
Den Aufwand der Halbleiterproduktion verbergen meist Fabrikmauern. Bei Globalfoundries konnten wir uns das Innere der Dresdner Fab ansehen.
Halbleiter sind zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft, doch von ihrer Entstehung bekommt man meist wenig zu sehen. So bleiben die Dimensionen der Maschinen, die die winzigen Schaltkreise fertigen, und der Aufwand ihrer industriellen Herstellung hinter den Mauern der Fabs verborgen. Sichtbar ist nur: Ein Silizium-Wafer geht rein, Chips kommen raus. Dazwischen liegen allerdings Tausende Prozessschritte.
- Halbleiterfertigung in Dresden: Eine Nerd-Klassenfahrt in die Chipfabrik
- Auf in den Reinraum
- Ein bunter Maschinenpark
- Halbleiterfertigung ist wie kochen
- Fehlersuche in Chips
- Den Suchbereich eingrenzen
Bei Globalfoundries konnten wir uns in der Fab 1 in Dresden, aktuell die größte in Europa, einen Eindruck verschaffen, was erforderlich ist, um 850.000 300-mm-Wafer pro Jahr zu fertigen. Hier arbeiten 3.400 Menschen aus fast 50 Nationen. Das einst von AMD ausgegründete US-Unternehmen fertigt für verschiedenste Kunden ein breites Spektrum an Halbleitern, vom Prozessor über 5G-Modems bis hin zu Chips für sichere Bezahlfunktionen. In die Reinräume kommt normalerweise nur, wer auch wirklich hinein muss und jährlich eine Schulung macht, und zwar aus zwei Gründen: Hier finden sich viele vertrauliche Informationen zu Kunden und Fertigungsprozessen. Außerdem soll der Reinraum möglichst rein bleiben.
Jeder Partikel in der Luft kann zumindest Teile eines Wafers unbrauchbar machen – und damit die Arbeit von zwei bis drei Monaten ruinieren. So lange ist jeder Wafer unterwegs, dann verlässt er nach bis zu 3.000 Prozessschritten fertig das Werk. Allein die Hälfte der Schritte sind Messungen, um permanent zu überprüfen, ob die Produktion einwandfrei läuft. Prinzipiell funktioniert die Fertigung ohne Menschen, allerdings sind ständig Wartungsarbeiten zu erledigen; auch gebaut wird noch immer, in vielen Bereichen ist noch Platz für weitere Maschinen.
Erst einmal fünfzehn Minuten umziehen
Bevor wir uns die Reinräume ansehen dürfen, heißt es zuerst: umziehen, und zwar in fester Reihenfolge. Bis auf die Unterwäsche bleibt alles draußen, wir bekommen spezielle Reinraumkleidung. Auch mein elektronischer Notizblock muss draußen bleiben, stattdessen bekomme ich ein altmodisches Exemplar aus Papier mit der Aufschrift Clean Notebook. Hose, T-Shirt und Unterhandschuhe werden täglich gewaschen, da hiervon jeden Tag Hunderte anfallen und Leitungswasser zu dreckig ist in der eigenen Wäscherei mit hochreinem Wasser.
Natürlich bekommen wir auch saubere Schuhe, Kopf- und Gesichtshaar werden unter Netzen versteckt, danach kommt der Mundschutz. Zumindest mit dem kennen wir uns nach zweieinhalb Jahren Coronapandemie aus, die Überbekleidung erfordert allerdings etwas Übung. Die Kopfhaube ist noch kein Problem, beim Ganzkörperanzug bekommen wir zum Glück Hilfe. Er darf beim Anziehen nicht über den Boden schleifen. Karin Raths, die uns durch die Fab führen wird, ist da geübter – in ihren 22 Jahren bei GF, anfangs noch AMD, hatte die Unternehmenssprecherin auch mehr Zeit zu üben.
Zuletzt ziehen wir noch Latexhandschuhe an, über die Bünde der Ärmel gezogen schließen sie den Körper fast vollständig von der Umwelt ab. Am Eingang zum Reinraum zeigt ein Monitor nicht nur, dass seit dem letzten Arbeitsunfall 169 Tage vergangen sind und wie viele Wafer in den letzten Tagen gefertigt wurden, sondern auch die Reinraumregeln: Maske über der Nase tragen, Tic-Tac-Toe spielen auf dem Anzug ist verboten, auch wenn die eingewebten Kohlefaserfäden dazu einladen.
Mit einigen Technikern auf dem Rückweg von der Pause betreten wir über einen ansteigenden Gang den Reinraum. Dass der Weg bergauf führt, sei kein Relikt von Umbauten im Rahmen der Erweiterung der Fab, erklärt Karin Raths. Der Anstieg ist gewollt und sorgt zusammen mit dem Überdruck im Reinraum dafür, dass Partikel in Richtung Ausgang gelangen. Hier beginnt unser Rundgang durch die insgesamt 60.000 m2 Reinraumfläche der Fab.
Auf in den Reinraum |
Wird dem "IT-New für Profis" wieder gerecht. Es bräuchte mehr von diesem Niveau...
Ich war echt überrascht von der Größe dieser automatisierten Anlage und wieviele Schritte...
Bei so teuren Reinräumen gibt es einige Redundanzen bei Energie-/Medienversorgung, der...
Das stimmt, aber das Labor nicht ;)