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Meinung Wöchentliche Audienz

Das Vertrauen der Queen auf Diskretion ist dahin

Die Queen blickt düster drein: Ein Journalist der führenden Rundfunkanstalt hat das Tabu über die Preisgabe eines Gesprächs der britischen Königin mit einem Kabinettsmitglied gebrochen Die Queen blickt düster drein: Ein Journalist der führenden Rundfunkanstalt hat das Tabu über die Preisgabe eines Gesprächs der britischen Königin mit einem Kabinettsmitglied gebrochen
Die Queen blickt düster drein: Ein Journalist der führenden Rundfunkanstalt hat das Tabu über die Preisgabe eines Gesprächs der britischen Königin mit einem Kabinettsmitglied gebro...chen
Quelle: dpa/DPA
In über 60 Jahren der Gespräche mit den bis dato zwölf Regierungschefs konnte sich Königin Elisabeth auf den vertraulichen Umgang der Informationen verlassen. Jetzt hat sie Grund zu zweifeln.

Die wöchentliche Audienz des britischen Premierministers mit der Königin ist ein wichtiger Bestandteil jener „ungeschriebenen Verfassung“ Großbritanniens. Nur ausnahmsweise spricht man am Telefon.

Die Queen hat in ihren 60 Jahren auf dem Thron mit 12 Regierungschef, von Winston Churchill bis David Cameron, diese Unterhaltungen geführt. Sie könnte mit Recht als die bestinformierte Frau der Welt gelten.

Doch ist der Inhalt der Gespräche Staatsgeheimnis und bisher kamen nie Indiskretionen ans Licht - nur „atmosphärische“ Anekdoten scherzhafter Natur: kleine Einblicke in den Grad von Herzlichkeit oder Kühle in den Beziehungen zu ihren „höchsten Dienern“ durften in Memoiren oder Pressekommentaren durchsickern.

Audienz mit den Premiers von Wilson bis Cameron

So ist es bekannt, dass der sozialistische Premier Harold Wilson - ein Mann von bescheidener Herkunft - besonders herzliche Beziehungen zu ihr hatte. Er scherzte gerne über seine Unkenntnis der Welt der Jagden und Pferderennen und unterhielt sie mit Anekdoten über das vom ihm geliebte Cricket-Spiel.

Churchill war der legendäre „Übervater“ für die blutjunge Königin. „Onkel“ Harold Macmillan schien eher den belehrenden Pädagogen hervorzustreichen. Earl Home, schottischer Hocharistokrat, fand mühelos gemeinsame Themen mit der Queen und der Königinmutter.

Über das Verhältnis mit einer anderen großen Dame, Margaret Thatcher, gab es verschiedene Gerüchte, doch die „Eiserne Lady“ war die strammste Monarchistin von allen.

Tony Blairs jugendlicher Charme verfehlte seine Wirkung auf die Königin nicht. Er hatte eine schwere Zeit als Brückenbauer zwischen der aufgerührten öffentlichen Meinung und dem Hof in der Affäre um den Tod und die Trauerfeierlichkeiten von Prinzessin Diana.

Auch der heutige Regierungschef und seine aristokratische Frau haben gute Beziehungen mit der königlichen Familie.

Zum ersten Mal sickert etwas durch

Nun drang wie aus dem heiteren Himmel ein Vertrauensbruch an die Öffentlichkeit: Der BBC-Reporter Frank Gardener zitierte ein Privatgespräch mit der Königin in dem sie ihm mitteilte, dass sie sich bei einem (ungenannten) Innenminister beschwert hatte, dass er den fanatischen islamistischen Hassprediger Abu Hamza, der Volksverhetzung gegen Großbritannien und die westliche Welt betreibt, in England frei herumlaufen ließ.

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Währenddessen entscheidet ein Gericht endgültig darüber, ob er wegen noch schwerer Vergehen an die USA ausgeliefert werden dürfte. Nun hat der europäische Gerichtshof endlich entschieden, diesen Friedensstörer abzuschieben.

Die schützende Anonymität wurde in Frage gestellt

Die Tatsache, dass ein Journalist der führenden Rundfunkanstalt das Tabu über die Preisgabe eines Gesprächs der Königin mit einem Kabinettsmitglied brach, erregte eine stürmische Debatte über öffentliche Meinungsfreiheit und den Schutz der Privatsphäre der Queen.

Obwohl in den letzten Jahren der Blair-Regierung Fehden zwischen Regierung und den Medien ihren Höhepunkt erreichten, wurde bis jetzt die schützende Anonymität der Königin noch nie in Frage gestellt.

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