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Follow Me Pannenflughafen Berlin: "Wir bauen nichts mehr um, wir bauen den BER fertig"

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup im Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg (BER)
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup im Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg (BER)
© Bernd Settnik / DPA
Wird er ausgelacht oder erntet er tosenden Beifall? Auf einer internationalen Airline-Konferenz nennt der Berliner Flughafenchef den BER-Eröffnungstermin und wirbt für neue Verbindungen. Und er erwähnt ein weiteres Problem des Hauptstadtflughafens.

Seit knapp 20 Monaten ist er Chef von Deutschlands peinlichster Baustelle: Engelbert Lütke Daldrup. Der 62-jährige Stadtplaner saß schon seit 2015 im Aufsichtsrat des Flughafens Berlin Brandenburg und ist mit den Problemen am Pannenflughafen bestens vertraut.

Bereits Ende 2017 nannte er einen neuen Eröffnungstermin für den Hauptstadtflughafen BER im Süden von Berlin: Oktober 2020. In dieser Woche wurde Lütke Daldrup beim CAPA World Aviation Outlook Summit, einem Treffen von Airline-Vertretern aus den ganzen Welt, konkreter.

Als groß angekündigter Keynote Speaker nutzt Lütke Daldrup an diesem Tag die internationale Bühne, um für sein Projekt zu werben. "Es stimmt sicherlich, dass die Geschichte dieses Bauprojekts nicht besonders ruhmreich war", setzt er vor 260 Fachleuten im Berliner Grand Hyatt Hotel an und entschuldigt sich zunächst. "Weil unser neuer Flughafen noch nicht fertiggestellt ist, wurde er zu einem Gesprächsthema in der ganzen Welt."

Wirbt für Berlin und den BER: Der Chef der Berliner Flughäfen Engelbert Lütke Daldrup bei seiner Präsentation auf dem World Aviation Outlook Summit.
Wirbt für Berlin und den BER: Der Chef der Berliner Flughäfen Engelbert Lütke Daldrup bei seiner Präsentation auf dem World Aviation Outlook Summit.
© Till Bartels

Szenenapplaus hört sich anders an

Dann gerät er in Schwärmen. Nicht für den BER, sondern für Berlin und lehnt sich weit aus dem Fenster. "Berlin ist die am meisten unterschätzte Hauptstadt weltweit." Auch der Luftverkehr biete enormes Potenzial. Selbst die Pleite von Air Berlin habe das Passagierwachstum in Tegel und Schönefeld nicht aufhalten können. Allerdings hätten sich die Marktanteile verschoben. Easy Jet sei jetzt an beiden Berliner Airports die wichtigste Fluggesellschaft.

"Heute möchte ich ihre Wahrnehmung verändern und den neuen BER-Airport als Flughafen der Chancen vorstellen", gerät er ins Schwärmen. Er rührt die Werbetrommel, um weitere Fluggesellschaften nach Berlin zu locken. Die Chefs mehrerer großer Airlines im Publikum lauschen seinen Worten.

"Ich bin mir bewusst, dass meine Vorgänger diverse Eröffnungstermine angekündigt haben, doch jetzt hat sich die Situation komplett geändert." Damit kommt er zu dem für die Airline-Manager wichtigsten Punkt. "Wir haben einen verlässlichen Zeitplan", liest er bei seinem auf Englisch gehaltenen Vortrag ab. "Wir werden den Flughafen im Oktober 2020 eröffnen. Darauf können sie sich verlassen." Er macht eine rhetorische Pause.

Es folgen zwei, drei Sekunden verhaltener Höflichkeitsapplaus.

Berlin-Touristen müssen "um die Ecke" fliegen

Wenn eine Fluglinie eine neue Langstrecke eröffnen will, benötigt sie ungefähr zwei Jahre Vorlaufzeit. Genehmigungen müssen beschafft werden, ebenso Flugzeuge und genügend Crews geschult und eingeteilt werden. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um für neue interkontinentale Verbindungen zu planen.

Bisher ist Berlin nur mit Direktflügen nach New York, Toronto, Teheran, Doha, Peking und seit Neuestem mit Singapur verbunden. "Wir sehen eine große Nachfrage nach weiteren Langstreckenflügen von und nach Berlin, besonders nach Asien und den Vereinigten Staaten". Dazu wirft er einen Chart mit dem Potenzial weiterer Ziele an die Wand. Darunter befinden sich Miami, San Francisco, Bangkok und Schanghai.

Quelle: IATA Airport IS: Mögliche Oneway-Passagiere in Tausend pro Jahr
Quelle: IATA Airport IS: Mögliche Oneway-Passagiere in Tausend pro Jahr
© Flughafen Berlin Brandenburg

Die Flüge nach Peking sind allerdings auf fünf pro Woche begrenzt. Dabei könnte die Frequenz auf täglich erhöht werden. Doch das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China deckelt die Anzahl der Flugfrequenzen. Auch ein Direktflug von Schanghai  nach Berlin steht ganz oben auf der Wunschliste. "Wir benötigen mehr Flugrechte nach Asien", so Lütke Daldrup.

Ein offenes Geheimnis ist, dass Emirates Airlines gern von Dubai nach Berlin fliegen möchte. Aber deren Verkehrsrechte beschränken sich auf die vier Flughäfen in Deutschland, die bereits täglich mehrmals angeflogen werden.

Es gibt demnach mehrere Airlines, die Berlin anfliegen möchten, aber keine Flugrechte erhalten. Doch dies ist nicht ein Problem der Flughafengesellschaft sondern ein Politikum. 80 Prozent der Berlinbesucher aus Übersee müssen "um die Ecke fliegen", das heißt: Touristen aus China landen erst in Prag oder anderen Nachbarländern und werden anschließend per Bus nach Berlin gefahren.

Doch der BER-Chef hofft, dass das Thema Verkehrsrechte mit der Eröffnung im Oktober 2020 eine neue Dynamik erfährt. Noch ist es nicht soweit. Entgegen der Planung zur Eröffnung am 3. Juni 2012 "erfolgt der Umzug von Tegel zum BER nicht über Nacht, sondern in zwei Schritten innerhalb weniger Tage", sagte Lütke Daldrup später im Gespräch mit dem stern. Offen bleibt noch der Abstand dazwischen. "Es geht aber um Tage, nicht um Wochen oder Monate."

BER Meilensteine T2 und T3

Um dem steigenden Passagierverkehr von und nach Berlin Rechnung zu tragen, ist jetzt auch mit dem Bau eines weiteren Terminals begonnen worden, das gemeinsam mit dem Hauptterminal im Oktober 2020 eröffnet werden soll. Hier können die Fluggäste der Billigfluggesellschaften ausschließlich an Selbstbedienungsautomaten einchecken und die Sicherheitsschleusen direkt zur Nordpier passieren. Dieser Zweckbau erhöht die Kapazität von 22 auf 28 Millionen Passagiere pro Jahr.

An eine Realisierung der Satelliten-Terminals hinter dem neuen Tower und Vorfeld weiter im Westen wird vor 2030 nicht gedacht. Eher an ein Terminal 3 zwischen der Nord- und Südpier, das zusätzlich 14 Millionen Passagiere abfertigen kann.

Der vierte Airport-Chef in sechs Jahren: Engelbert Lütke Daldrup
Der vierte Airport-Chef in sechs Jahren: Engelbert Lütke Daldrup
© Till Bartels

Spannend werden die Bauaufsichtstests im Sommer 2019 nach der Abnahme durch den TÜV. Denn bei den "Wirk-Prinzip-Prüfungen" zeigt sich nicht nur, ob die Baumängel beseitigt wurden, sondern ob alle Systeme wie zum Beispiel Feuermelder, Brandschutztüren sowie Sprinkler- und Rauchabzugsanlage im Zusammenspiel funktionieren. Erst danach lässt sich sagen, ob der zuletzt angekündigte Eröffnungstermin zu halten ist.

Beim Gespräch im kleinen Kreis nach seinem Vortrag vor den Airline-Chefs gibt sich Lütke Daldrup zweckoptimistisch. Seit er den Termin Oktober 2020 genannt habe, sei das Vertrauen gewachsen. Seine Devise lautet: "Wir bauen nichts mehr um, wir bauen den BER fertig."

+++ Vergleichen Sie die Fortschritte mit unseren Vorher-Nachher-Bildern: "Auf der BER-Baustelle 2012 und 2018" +++

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